27.02.2009
NEUSTART BADEN-WÜRTTEMBERG
Interessante Zahlen aus der Arbeit der Neustart gGmbH für 2007 und 2008
Ehrenamtliche Bewährungshilfe:
Der Ausbau der ehrenamtlichen Bewährungshilfe wurde im März 2008 planmäßig begonnen. Die ersten neuen ehrenamtlichen Bewährungshelfer wurden im Juni 2008 in Mannheim auf ihre Tätigkeit verpflichtet, den Abschluss für 2008 bildete Heidelberg.
Stand für ganz Baden-Württemberg zu Ende 2008: Insgesamt 249 ehrenamtliche Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer waren in der Betreuung von 342 Klientinnen und Klienten mit eingesetzt. Zudem wurden 45 neue Teamleiter für die Ehrenamtlichen ausgebildet.
Professionelle Bewährungshilfe:
Personal:
Ausgangsstand am 1.1.2007: 358 Personen, davon 355 Landesbedienstete und 3 Neustart-Angestellte.
Endstand am 31.12.2008: 371 Personen, davon 297 Landesbedienstete und 74 Neustart-Angestellte
Klienten:
Stand am 31.12.2007 = 20.500, Stand am 31.12.2008 = 21.451
Darunter Führungsaufsichtsfälle: Stand am 31.12.2007 = 1.561, Stand am 31.12.2008 = 1.665
Gerichtshilfe:
Erteilte Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 2.428, während des Geschäftsjahres 2008 = 2.270
Täter-Opfer-Ausgleich:
Erteilte Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 483, während des Geschäftsjahres 2008 = 848
Beteiligte Personen im Jahr 2007 = 1.076, im Jahr 2008 = 1.868
Dazu: Ausbildung von 24 neuen Konfliktreglern, in Zusammenarbeit mit dem TOA-Servicebüro des DBH-Fachverbandes.
Resozialisierungsfonds Dr. Traugott Bender:
Eingegangene Aufträge während des Geschäftsjahrs 2007 = 155, während des Geschäftsjahrs 2008 = 169
Positiv erledigte Darlehensanträge im Jahr 2007 = 84, im Jahr 2008 = 113
Fortbildungsprogram für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:
31 zentrale Fortbildungsseminare in den Jahren 2007/2008 mit durchschnittlich 15 Teilnehmenden.
(Quelle: Zusammengestellt von der KrimG-Geschäftsstelle anhand von Angaben im NEUSTART report 2008/2009, Stuttgart, Februar 2009, Seiten 1 und 3)
27.02.2009
Schnittstellenprobleme von Opferhilfe und Täter-Opfer-Ausgleich
Ein Materialienband des Arbeitskreises der Opferhilfen (ado)
Der Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland e.V., Bundesverband professioneller Opferhilfeeinrichtungen, hat einen umfangreichen und interessanten Materialienband vorgelegt, als Dokumentation einer Fachtagung vom Januar 2008 bei Aschaffenburg.
Der von Jutta Hartmann herausgegebene Band steht unter folgendem Titel:
Klare Grenzen? Begegnung von Opfer und Täter im TOA -- Chancen und Gefahren für Kriminalitätsopfer.
Von diesem Band gibt es auch eine PDF-Datei. Sie kann unter folgender URL kostenlos herunter geladen werden:
http://www.opferhilfen.de/grenzen_OH&TOA.pdf
27.02.2009
Strafvollzugsrecht und Strafvollzugspolitik
Eine paneuropäisch ausgerichtete neue Veröffentlichung
Readers of your homepage may have been interested in the following new book , because of its pan-European focus:
Dirk van Zyl Smit and Sonja Snacken, Principles of European Prison Law and Policy: Punishment and Human Rights, Oxford University Press, January 2009.
The publishers describe the book as follows.
"In recent years European prison law and policy have emerged as a force to be reckoned with. This book explores its development and analyses the penological and human rights foundations on which it is based. It examines the findings of the European Committee for the Prevention of Torture, the recommendations of the Council of Europe, and the judgments of the European Court of Human Rights. From these sources it makes the general principles that underlie European prison law and policy explicit, emphasising the principle of using imprisonment as a last resort and the recognition of prisoners' rights. The book then moves on to apply these principles to conditions of imprisonment, regimes in prison, contacts between prisoners and the outside world, and the maintenance of good order in prisons.
The final chapter of the book considers how European prison law and policy could best be advanced in future. The authors argue that the European Court of Human Rights should adopt a more proactive approach to ensuring that imprisonment is used only as a last resort, and that a more radical interpretation of the existing provisions of the European Convention on Human Rights will allow it to do so. It concludes that the growing cooperation on prison matters within Europe bodes well for the increased recognition of prisoners' rights across Europe. In spite of some countervailing voices, Europe should increasingly be able to give an international lead in a human rights approach to prison law and policy in the same way it has done with the abolition of the death penalty."
More details are available at:
http://www.oup.com/uk/catalogue/?ci=9780199228430&view=lawview
27.02.2009
Bericht über Opfer-Täter-Ausgleich / Mediation im englischen Jugendstrafrecht
Erste ermutigende Resultate der Anwendung von Restorative Justice Disposals in der Praxis von Polizei und Youth Offending Teams
Police forces and YOTs in Youth Restorative Disposal (YRD) pilot areas are working to challenge minor offending in a restorative way that is effective, meaningful and proportionate.
In the nine months the pilot has been running, over 1,100 YRDs have been issued by specially trained Police officers and police community support officers. This translates into over 1,100 young people who have been prevented from being unnecessarily forced into the formal Criminal Justice System and having an early criminal record while being held accountable for their actions to victims and the community. Early feedback has found that victims and their families are satisfied with the process and offenders feel that they have been treated fairly. The pilot areas are also beginning to see a reduction in the number of first-time entrants, Reprimands and Final Warnings.
For information on the YRD, contact Rheanne Scott.
Click to read further details:
more about the YRD and how it works
two case studies from the pilot areas
a set of frequently asked questions.
26.02.2009
Evidenzbasierte Praxis des Umgangs mit Delinquenten
Evidenzbasierte Kriminalitätskontrolle, Kriminalprävention und Kriminalpolitik
Bereits seit einigen Jahren hat sich im Rahmen der sog. Campbell Collaboration eine Crime and Justice Coordination Group gebildet.
Die CJCG verfolgt nachhaltig das wissenschaftliche Anliegen, alle Maßnahmen, die zum Umgang mit Delinquenz auf individueller, auf gruppenbezogener oder auf gesamtgesellschaftlicher Ebene etabliert werden, einer möglichst präzisen und methodologisch rigorosen Überprüfung zu unterziehen. Es geht um die Evidenz, also vereinfacht gesagt darum, ob empirisch nachgewiesen ist, dass die jeweilige Maßnahme Erfolg hat, entweder genau denjenigen, der mit ihr intendiert wurde oder eben einen anderen, der als beachtenswert gelten darf, und ferner, ob die Wirkung auf Dauer festgestellt werden kann und ob sie an verschiedenen Orten bzw. in verschiedenen Bereichen gleichgerichtet ist.
In den USA hat sich vor kurzem eine neue Vereinigung gebildet, die sich ganz auf die praktische Implementation von Programmen für Jugendliche und Familien konzentrieren will. Die Vereinigung mit Sitz in Agoura (Kalifornien) trägt den Namen "Association for the Advancement of Evidence Based Practice".
Die Homepage dieser AAEBP ist unter folgender URL zu erreichen: http://www.aaebp.org/
Link zur Campbell Crime and Justice Group:
http://www.campbellcollaboration.org/crime_and_justice_our_group/index.php
Link zur gesamten Campbell Collaboration mit Zugang zu weiteren besonderen Gruppen:
http://www.campbellcollaboration.org/
25.02.2009
Internationales Zentrum für Kriminalprävention, Montréal, Kanada:
Praxis der Kriminalprävention - Internationale Beispiele
Das International Centre for the Prevention of Crime (ICPC) hat einen interessanten Bericht veröffentlicht:
"International Comendium on Crime Prevention Practices, 2008".
Die Broschüre im Umfang von 228 Seiten kann auch kostenlos als PDF-Datei herunter geladen werden:
http://www.crime-prevention-intl.org/filebin/Documents%20ajouts%202008/Septembre%202008/Basse_resolution_International_Compendium_of_Crime_Prevention_Practices.pdf
18.02.2009
Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf zum Schutz von Opfer und Zeugen im Strafverfahren
Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat das Bundeskabinett am 18. Februar 2009 den Entwurf eines 2. Opferrechtsreformgesetzes beschlossen. Der Vorschlag schließt inhaltlich an frühere Gesetzesänderungen an und verfolgt das Ziel, Opfer und Zeugen von Straftaten noch besser zu schützen und ihre Rechte im Strafverfahren zu erweitern.
"Mit der Reform werden wir Verletzte und Zeugen noch besser vor unnötigen Belastungen im Strafverfahren schützen und ihre Rechte stärken. Das Strafverfahren darf nicht zu einer erneuten Traumatisierung der Opfer führen, sondern es soll zu einer möglichst schonenden Aufarbeitung des Erlebten beitragen. Vor allem für Kinder und Jugendliche und für Opfer schwerer Straftaten trägt der Staat eine besondere Verantwortung. Künftig werden auch 16- und 17-jährige von speziellen jugendschützenden Vorschriften profitieren. Wir erweitern gleichzeitig die Möglichkeit für Verletzte von Straftaten, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen und einen Anwalt auf Staatskosten beigeordnet zu bekommen. Daneben stellen wir sicher, dass Opfer und Zeugen schon bei der Anzeigeerstattung von Polizei und Staatsanwaltschaft umfassend über ihre Rechte aufgeklärt und auf spezielle Hilfsangebote von Opferhilfeeinrichtungen hingewiesen werden", erläuterte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
Der Entwurf knüpft an Verbesserungen für Opfer im Strafverfahren an, die vor allem durch das Opferrechtsreformgesetz vom 1. September 2004 erreicht wurden. Danach müssen beispielsweise mehrfache Vernehmungen, die für das Opfer häufig sehr belastend sind, möglichst vermieden werden. Aber auch der Kreis der Opfer, die zur Nebenklage berechtigt sind, wurde durch das Opferrechtsreformgesetz sowie durch weitere Gesetze immer wieder erweitert. Der heute vorgestellte Gesetzentwurf sieht weitere Verbesserungen in drei zentralen Bereichen vor.
Im Einzelnen
Verbesserungen zum Schutz von Verletzten im Strafverfahren
- Im Bereich der Nebenklage und des Opferanwalts orientiert sich der Entwurf durchgängig daran, den besonders schutzbedürftigen Opfern besondere Rechte einzuräumen, um deren Belastungen durch das Strafverfahren abzumildern. Dabei werden Vorschläge des Bundesrates und insbesondere zahlreiche Anregungen von Opferschutzverbänden in ein stimmiges Gesamtkonzept gebündelt. Der Schwere des Delikts und den Folgen wird künftig ein stärkeres Gewicht beigemessen. Im neuen § 395 StPO sollen nun beispielsweise auch Opfern von Zwangsheirat oder sexueller Nötigung die Möglichkeit eingeräumt werden, sich dem Verfahren als Nebenkläger anzuschließen. Auch Opfer von Raub, Erpressung oder anderen Delikten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter sollen in Zukunft nebenklagebefugt sein, wenn sie von schweren Tatfolgen betroffen sind. Daneben wird im neuen § 397a StPO der Kreis derjenigen erweitert, die - unabhängig von ihren wirtschaftlichen Voraussetzungen - Anspruch auf Beiordnung eines kostenlosen Opferanwalts haben.
- Flankiert wird diese Neujustierung durch die Neuregelung verfahrensrechtlicher Bestimmungen. So werden zum Beispiel die §§ 397, 406f und 406g StPO deutlich vereinfacht und somit anwenderfreundlicher.
- Da jede Rechtsverfolgung die Kenntnis der Rechte voraussetzt, werden in § 406h StPO auch die Informationspflichten der Strafverfolgungsbehörden gegenüber Verletzten von Straftaten erweitert. Beispielsweise muss schon die Polizei auf die Möglichkeit einer psychosozialen Prozessbegleitung oder andere Unterstützung von Opferhilfeeinrichtungen hinweisen und auf Entschädigungsansprüche oder die Möglichkeit aufmerksam machen, im Adhäsionsverfahren Schadensersatz zu beanspruchen. Zudem werden durch Änderungen in den §§ 138 und 142 StPO die Auswahlmöglichkeiten der Verletzten bei der Wahl eines anwaltlichen Beistand vergrößert.
- Eine Ergänzung des § 92 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) zielt darauf ab, es Verletzten zu erleichtern, im europäischen Ausland begangene Straftaten in Deutschland anzuzeigen.
Verbesserungen zum Schutz von Zeugen im Strafverfahren
- Die Rechte von Zeugen bei ihrer polizeilichen Vernehmung werden zukünftig in § 163 Absatz 3 StPO eindeutig im Gesetz festgeschrieben. Zudem wird in § 48 StPO die schon bisher allgemein anerkannte staatsbürgerliche Pflicht der Zeugen zum Erscheinen vor Gericht und Staatsanwaltschaft und zur dortigen Aussage gesetzlich normiert. Beide Regelungen führen in der Praxis für alle Beteiligten zu mehr Klarheit.
- Die Befugnis zur jederzeitigen Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts als Zeugenbeistand - ein Recht, das bereits durch höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts anerkannt ist -, wird erstmalig gesetzlich verankert. Zudem wird die Möglichkeit für besonders schutzbedürftige Zeugen, einen anwaltlichen Beistand beigeordnet zu erhalten, sinnvoll erweitert (§ 68b StPO). Flankierend dazu wird geregelt, dass eine die Beiordnung ablehnende Entscheidung der Staatsanwaltschaft gerichtlich überprüft werden kann. Das für diese und zahlreiche ähnliche Fälle geltende Verfahren wird dabei wesentlich vereinfacht.
- Die nach § 68 Absatz 2 StPO für Zeugen bestehende Möglichkeit, in bestimmten Fällen ihren Wohnort nicht angeben zu müssen, wird sachgerecht erweitert. Erstmalig wird festgeschrieben, dass der Zeuge auch im Nachhinein den Austausch seiner Wohnadresse gegen eine andere Anschrift verlangen kann, wenn sich eine Gefährdung erst nach Beendigung seiner Aussage ergibt. Gleichzeitig wird bestimmt, dass die Strafverfolgungsbehörden die Adresse des Zeugen in derartigen Fällen in der gesamten Akte unkenntlich zu machen haben; die Strafverfolgungsbehörden sollen den Zeugen künftig auf diese Befugnisse hinweisen und bei deren Wahrnehmung behilflich sein.
Verbesserungen beim Schutz von jugendlichen Opfern und Zeugen im Strafverfahren
- Zur Stärkung der Rechte von jugendlichen Opfern und Zeugen von Straftaten wird die Schutzaltersgrenze in verschiedenen Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes von derzeit 16 auf nunmehr 18 Jahre heraufgesetzt (§ 58a Absatz 1, § 241a Absatz 1, § 247 Satz 2, § 255 Absatz 2 StPO; § 172 GVG). Diese Grenze wird der altersspezifischen Belastungssituation besser gerecht. Sie entspricht zudem der Schutzaltersgrenze, die zahlreichen internationalen Abkommen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen zugrunde liegt. Nicht zuletzt wird ein Gleichklang mit der Altersgrenze hergestellt, bis zu der jugendlichen Beschuldigten besonderer Schutz zukommt.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, die parlamentarischen Beratungen noch vor der Sommerpause abzuschließen.
(Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 18.2.2009)
17.02.2009
Bundeskongress Jugendgerichtshilfe mit Praktikertagung
6.-8. Mai 2009, Kassel
„Brücken bauen: zuhören – verstehen – konfrontieren“ lautet die Überschrift des 7.
Bundeskongresses Jugendgerichtshilfe, der erstmals gemeinsam mit der
Praktikertagung der Bundesarbeitsgemeinschaft für Neue Ambulante Maßnahmen
stattfindet. Die Tagung ist für den Zeitraum 6. bis 8. Mai 2009 in Kassel,
Anthroposophisches Zentrum, geplant. Neben Plenarvorträgen stehen zahlreiche
Arbeitsgruppen auf dem Programm, in denen es unter anderem um Jugendkulturen,
ambulante Maßnahmen, Anti-Gewalt-Training und die Kommunikation der Beteiligten
im Jugendstrafverfahren geht. Mehr Informationen gibt es hier:
www.dvjj.de/veranstaltung.php?artikel=1067.
(Quelle: GIWK-Mitteilungen und DVJJ)
11.02.2009
Neuer Termin für „Cultural Criminology“
24.-25. April 2009, Berlin
Der Termin für die bereits angekündigte Tagung „Cultural Criminology“ wurde verschoben. Das Treffen findet nunmehr statt am 24. und 25. April 2009 in Berlin
(Telefunken-Hochhaus am Ernst-Reuter-Platz). Während der Tagung wollen Kriminologen und Kriminologinnen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen sich mit der
Beziehung zwischen den Konzepten „Kultur“ und „Kriminalität“ auseinandersetzen. Im Mittelpunkt stehen dabei die folgenden Fragen:
1. Wie könnte ein Cultural Turn in der Kriminologie aussehen? Welche Rolle spielt
das Kulturelle in diesem Kontext?
2. Beyond Subculture? – Wie lassen sich Transgression und Kriminalität im Alltag
verstehen?
3. Gibt es eine punitive Sensibilität der Spätmoderne? Wie lassen sich Emotionen
und Kriminalität gemeinsam denken?
4. Wie könnten methodische und empirische Annäherungen an den Themenkomplex
‚Kultur und Kriminalität‘ aussehen? Welche Bedeutung hat das Interdisziplinäre für
die „Cultural Criminology“?
Veranstalter sind die GiwK und das Hamburger Institut für kriminologische
Sozialforschung. Mehr Informationen und Kontakt: Herbert Reinke (reinke@uniwuppertal.
de).
(Quelle: GIWK-Mitteilungen_Jasch)
10.02.2009
Opferwerdung und Kriminalitätsfurcht in Europa
Eine inhaltliche und methodische Analyse von Befragungen in ausgewählten europäischen Staaten
EU-bezogene Veröffentlichung in englischer Sprache
Remarks of Dr. Renée Zauberman (GERN, CESDIP, CNRS), Editor:
In the framework of the 6th RPRTD, the European Commission financed a coordination action, Assessing Deviance, Crime and Prevention in Europe (CRIMPREV).
This programme brings together 31 Universities or research institutions from ten European countries, under the scientific management of the Groupe européen de recherches sur les normativités (GERN) of the French Centre national de la recherche scientifique (CNRS).
This coordination action is made up of six thematic workpackages, on of which is devoted to problems of Methodology and Good Practices. The objective ist to come up with a listing of the significant implementations of instruments of knowledge about crime and of their uses.
We shall therefore
- map the situation in Europe,
- identify the good - as well as the bad - practices, and
- specify elements of comparison within the European zone.
Four methods have been selected:
- surveys in the overall population on victimization and insecurity;
- surveys in the overall population on self-reported crime;
- the comparison of survey data and that coming from institutional sources such as police statistics;
- evaluative research of safety policies.
Special country reports relate to Belgium, The Netherlands, Britain, France, Germany, Italy, Spain and Portugal.
This volume is a collection of the reviews and discussions that have been the substance of a European seminar devoted to surveys on crime victimisation and insecurity. Three subsequent books will be devoted to other methods.
Bibliographical Details:
Renée Zauberman (Ed.): Victimisation and Insecurity in Europe: A Review of Surveys and their Use.
Brussels: VUB Press / Brussels University Press 2008, 170 Pp.
ISBN: 978 90 5487 459 9
09.02.2009
European Offender Employment Forum
International Conference in Lisbon, Portugal, from 19-20 March, 2009
The Centre for Economic and Social Inclusion is very grateful to the Ministry of Justice, Portugal for supporting this event by providing the venue. It is a government conference centre in the attractive Baixa district, the oldest part of Lisbon.
Significant progress has been made in the offender employment field in recent years. But economic circumstances have changed dramatically:
- Have lessons been learned and how can we sustain and mainstream the progress that has been made?
- How do we continue to persuade employers to train and give jobs to offenders?
This event will bring together experts from all the key partners working in the offender employment field across the EU to:
- Review the prospects for offender employment
- Showcase and promote good practice in the offender employment field
- Consider how to develop and sustain employer engagement
A new pan European Ex-Offender Community of Practice for all organisations working to promote the social inclusion of ex offenders has recently been formed. This event is the first opportunity for all the potential partners to meet and learn how the network will operate and how they can get involved.
Key Note Speaker: Portuguese Secretary State for Justice - Dr. José Manuel Vieira Conde Rodrigues (Confirmed)
The programme will include a range of workshops and examples of good practice. This event will be an opportunity for policy makers and practitioners in the offender employment field to exchange ideas. Organisations will be able to showcase their projects to an audience of experts and enable all conference delegates to debate the issues and learn from each other.
CLICK HERE TO BOOK YOUR PLACE NOW
If you would like to present a case study at this event please contact
James Barrett: 020 7840 8328 / james.barrett@cesi.org.uk
Interested in sponsorship or promotional opportunities please contact
Lois Rolfe: 020 7840 8337 / lois.rolfe@cesi.org.uk
06.02.2009
Council of Europe is Requesting its Member States and its Observer States to Co-operate with the International Criminal Court
With particular regard to Victim´s Rights
The Parliamentary Assembly of the Council of Europe (PACE)in Strasbourg, France, adopted on 27 January 2009 an innovative resolution through which it engaged all 47 Member States of the Council of Europe to fully cooperate with the International Criminal Court (ICC) in The Hague, Netherlands, and it called for the ratification of the Rome Statute by its 8 Member States that are still outside the ICC system (Russia, Turkey, Ukraine, the Czech Republic, Armenia, Azerbaijan, Moldova and Monaco) and by its 2 Observer States, the United States and Israel.
The Chairperson of the Legal and Human Rights Committee of PACE, Dr. Herta Daubler-Gmelin, MP (Germany, former Justice Minister and longstanding member of Parliamentarians for Global Action - PGA -) introduced the Resolution, which she had tabled since 2006 along with a Report that comprehensively addresses the status of the "Rome Statute system". Dr. Daeubler-Gmelin welcomed the progress on the ICC dossier made in several Council of Europe countries, particularly in Turkey and the Czech Republic, recalling however in Prague Parliament approved the Rome Statute in October 2008 with the required constitutional majority, but the President of the Republic has not yet signed the ICC ratification into law, thus impeding the completion of the ratification process.
The debate was opened by an enlightening Statement of ICC President Judge Philippe Kirsch, who underscored the role played by the Parliamentary Assembly in promoting the establishment of the ICC, which now requires increased support in terms of cooperation from States and International Organisations and to reach the universality of its membership.
Dr. Pieter Omtzigt, MP (The Netherlands, PGA Member) tabled two amendments designed to introduce new operational paragraphs 7 and 8 of the "Resolution on Cooperation with the International Criminal Court (ICC) and its Universality", which - for the first time in a parliamentary Resolution of this nature - call for the UN Security Council to fulfil its responsibilities in cooperating fully with the Court (including in the enforcement of arrest warrants to be carried out by UN peacekeepers and/or other authorised military contingents) and to provide funding to the ICC investigations and prosecutions that are based on a mandate by the Council (e.g. Darfur), as prescribed in the Rome Statute.
Through the text proposed by the Dutch Lawmaker, the Parliamentary Assembly "urges the Secretary General of the Council of Europe to take up a mediation role with the two permanent members of the Security Council of the United Nations, the United States and Russia, to foster co-operation with the International Criminal Court". According to Dr. Omtzigt, the new Administration of President Obama should profoundly review the US policies towards the ICC and initiate a new phase of active cooperation with the Court, which should pass through the repeal of the 2002 American Servicemembers Protection Act, also known as "The Hague Invasion Act".
Another significant novelty of the Resolution regards the inclusion of a clear provision on victims' rights to be respected by States Parties, at a minimum, in the same way as they are respected by the ICC under the binding provisions of the Rome Statute on victims´ protection, participation in the proceedings and reparations. This clause, relating to a vital area of implementing legislation of the Rome Statute, had been adopted at several sessions of the PGA´s Consultative Assembly of Parliamentarians for the ICC and the Rule of Law (e.g. in Tokyo, December 2006, and in Santo Domingo, October 2008), but it enters for the first time in a regional organisation´s Parliamentary Resolution that can be used as a tool to promote law reform in National Parliaments of Europe and other regions of the world.
The voting record of the Resolution shows that leading MPs from States Non Parties, such as the Russian Federation and Turkey, casted their positive vote in favour of its adoption, thus signalling once again the sensitivity and support of Lawmakers towards the new system of international criminal justice based on the Rome Statute.
MPs from all political groups and various countries united their voice in support of the universality and effectiveness of the Rome Statute, at times with specific commitments to achieve tangible legislative results, as Mrs. Milica Markovic, MP (Bosnia and Herzegovina) did with respect to the prompt ratification of the Agreement of Privileges and Immunities of the Court (APIC) by her country´s Government and Parliament. Parliamentarians for Global Action (PGA), along with other members of the Coalition for the ICC (CICC), will continue to be engaged in the follow-up to the Resolution, which should trigger a more effective monitoring action by all organs of the Council of Europe vis-a-vis the ratification and implementation of the Rome Statute by its Member States as well as the level of cooperation that these States will be giving to the Court.
For further information, please contact:
David Donat Cattin, Director, PGA International Law and Human Rights Programme, donat@pgaction.org
(A) ENCLOSURES AND USEFUL LINKS:
1) Text of Resolution 1644, PACE, 26 Jan. 2008 (also reproduced below) http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/AdoptedText/ta09/ERES16...
2) Voting record on the Resolution on the ICC and on the amendments of Dr. Omtzigt, MP, regarding the role of the UN Security Council permanent members Russia and the US http://assembly.coe.int/ASP/Votes/DBVotesResults_EN.asp?VoteID=1158&DocI...
3) Verbatim summary of the debate on the ICC, PACE, 26 January 2009 http://assembly.coe.int/Main.asp?link=/Documents/Records/2009/E/09012715...
4) Report of on Cooperation with the ICC and its Universality: Rapporteur, Dr. Herta Daubler-Gmelin (N.B. it includes responses to a questionnaire on ratification from Armenia, Azerbaijan, Czech Republic, Monaco and Ukraine, as well as Japan and the US) http://assembly.coe.int/Mainf.asp?link=/Documents/WorkingDocs/Doc08/EDOC...
5) Selected media coverage: http://www.elconfidencial.com/cache/2009/01/27/51_asamblea_mediacion_ent...
(B) BACKGROUND:
- UN Security Council resolution 1593 (2005) refers the situation in Darfur to the jurisdiction of the ICC, but it fails to provide the financial contributions from the UN to the ICC, as prescribe by the Rome Statute, and it does not spell out in detail the modalities of cooperation of UN-authorized or UN-mandated forces with the ICC.
- The American Servicemembers Protection Act (2002) prohibits the United States Government to utilise tax-payers money in bilateral or multilateral activities (e.g. via the UN) aimed at cooperating with, and providing support to, the ICC. This legislation, under certain circumstances, appears to allow the use of all available means, including the use of force, to free individuals of a certain nationality if they would detained in The Hague on basis of an order of the ICC (hence, the nickname given to this legislation "The Hague Invasion Act").
(C) TEXT OF THE RESOLUTION (Provisional edition)
"Co-operation with the International Criminal Court (ICC) and its universality", Resolution 1644 (2009)1
1. Recalling its Resolutions 1300 (2002) and 1336 (2003), the Parliamentary Assembly reiterates its firm commitment to the International Criminal Court (ICC). The ICC is the first ever permanent independent judicial institution with jurisdiction over individuals accused of genocide, crimes against humanity and war crimes. The ICC is based on complementarity, seeking to empower national states to investigate and prosecute such crimes, assuming jurisdiction only as a last resort.
2. Recalling Recommendation 1408 (1999), the Assembly reiterates its belief that the universal ratification of the Rome Statute and its effective implementation into domestic systems, as well as close co-operation by states and non-States Parties in providing practical and judicial assistance to the ICC, are of key importance for the fight against impunity.
3. The Assembly welcomes the fact that since its adoption in 1998, the Rome Statute of the ICC has been ratified by 108 states across the world. Regrettably, eight Council of Europe member states (Armenia, Azerbaijan, the Czech Republic, Moldova, Monaco, Russia, Turkey and Ukraine), one Council of Europe observer state (the United States) and one state with observer status with the Parliamentary Assembly (Israel) have not yet ratified the Rome Statute.
4. The Assembly also recalls the importance of the Agreement on the Privileges and Immunities of the International Criminal Court, which is indispensable for the ICC´s independent operation. Regrettably, to date, fourteen Council of Europe member states have not ratified the Agreement, including seven countries which are States Parties to the Rome Statute (Bosnia and Herzegovina, Georgia, Malta, Poland, San Marino, Spain and Switzerland).
5. The Assembly therefore urges those Council of Europe member and observer states and Parliamentary Assembly observer states which have not yet done so to:
5.1. sign and ratify without further delay the Rome Statute and the Agreement on the Privileges and Immunities of the ICC;
5.2. adopt effective national implementing legislation at the earliest opportunity and encourage third states to do so;
5.3. protect the integrity of the Rome Statute as recommended in Resolutions 1300 (2002) and 1336 (2003).
6. In addition, the Assembly recommends that Council of Europe member and observer states and the Parliamentary Assembly observer states:
6.1. fully co-operate with the ICC in the fight against impunity for the most serious crimes of international concern;
6.2. empower their judicial and law enforcement authorities in order to exercise the states´ primary jurisdiction over crimes within the purview of the ICC;
6.3. make meaningful financial contributions to the ICC´s Trust Fund for Victims;
6.4. incorporate in their legal orders relevant standards on victims´ rights, without prejudice to existing higher standards in some Council of Europe member and observer states and Parliamentary Assembly observer states.
7. Furthermore, the Assembly urges the Secretary General of the Council of Europe to take up a mediation role with the two permanent members of the Security Council of the United Nations, the United States and Russia, to foster co-operation with the International Criminal Court and to take away obstacles in domestic laws for such co-operation, such as the 2002 "American Servicemen Protection Act" and international agreements such as bilateral immunity agreements, to ultimately be able to ratify the Rome statute.
8. The Assembly welcomes the referral of situations, such as the situation in Darfur, by the UN Security Council to the ICC. It calls upon the UN Security Council to fulfil its responsibilities to implement the decisions and orders of the court and to provide financial contributions as contemplated in the Rome Statute.
1 Assembly debate on 27 January 2009 (4th Sitting) (see Doc. 11722, report of the Committee on Legal Affairs and Human Rights, rapporteur: Mrs Däubler-Gmerlin). Text adopted by the Assembly on 27 January 2009 (4th Sitting).
05.02.2009
Erfahrungen der Bevölkerung in Deutschland mit der Polizei.
Ergebnisse einer Allensbach-Studie
Das Institut für Demoskopie in Allensbach hat 1773 Bürgerinnen und Bürger zu ihren Erfahrungen mit der Polizei befragt. Innerhalb der letzten drei Jahre haben sich demnach 38 % der Bevölkerung von sich aus an die Polizei gewandt. 36 % hatten Kontakt zur Polizei, indem sie angehalten und kontrolliert wurden oder auf Grund eines Unfalls mit der Polizei zu tun hatten.
Sowohl der Ablauf der freiwilligen als auch der unfreiwilligen Kontakte wurde mehrheitlich positiv beurteilt. 79 % respektive 77 % bescheinigten den Beamtinnen und Beamten ein “höfliches und korrektes” Auftreten, wobei unter weiblichen Befragten die höchste (82 %) und unter jungen Menschen unter 30 Jahren die geringste Zufriedenheit (74 %) gemessen wurde.
Die Ergebnisse stimmen durchaus positiv, überraschen jedoch bei den freiwilligen Kontakten kaum und waren auf Grund der engen Definition unfreiwilliger Kontakte (“Anhalten und Kontrollieren” bzw. „Unfall“) auch hier zu erwarten.
Interessant wäre zu erfahren, wie Kontakte im Rahmen der Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung beurteilt werden, was jedoch von den Meinungsforschern nicht erhoben wurde. Ebenso wenig erfolgte eine Auswertung anhand demographischer Merkmale, etwa nach sozialer oder nationaler Herkunft der Befragten.
Quelle: Allensbacher Berichte Nr. 17/2008, Die Polizei – fast immer höflich und korrekt, hrsg. vom Institut für Demoskopie Allensbach, http://www.ifd-allensbach.de/news/prd_0817.html.
(Dank an den Polzei-Newsletter, Thomas Feltes et al., hier: AR)
04.02.2009
Vorschlag für neue Straftatbestände im Staatsschutzstrafrecht
Beratungen im Bundestag
Besondere Formen der Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten sollen künftig unter Strafe gestellt werden. Auch das Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung soll strafbar sein, wenn dies in der Absicht geschieht, sich in der Begehung solcher Straftaten unterweisen zu lassen. Schließlich sollen neue Straftatbestände gegen das Verbreiten von Anleitungen zur Begehung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten eingeführt werden. Der Deutsche Bundestag hat am 29. Januar 2009 in 1. Lesung einen entsprechenden Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD beraten. Er entspricht inhaltlich einem Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, den das Bundeskabinett am 14. Januar 2009 beschlossen hat.
Der Inhalt der geplanten Regelungen im Einzelnen:
I. Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat § 89a StGB (neu)
1. Handlungsbedarf
Die §§ 129a und b StGB knüpfen die Strafbarkeit des Bildens oder Unterstützens einer terroristischen Vereinigung an die Gefährlichkeit, die von einer (mindestens drei Mitglieder umfassenden) Gruppe ausgeht. Die Struktur des Terrorismus hat sich im Vergleich zu den 70er Jahren jedoch verändert - anders als bei der RAF handelt es sich bei islamistischen Tätern nicht selten um Täter, die ohne feste Einbindung in eine hierarchisch aufgebaute Gruppe in nur losen Netzwerken oder allein agieren, so dass die §§ 129a und b StGB auf sie nicht angewendet werden können. Die von ihnen ausgehende Gefahr ist aber dennoch erheblich.
2. Lösung
Künftig soll es im Staatsschutzstrafrecht einen neuen § 89a StGB geben, der die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu 10 Jahren unter Strafe stellt. Der Tatbestand beschränkt sich auf die Vorbereitung von Straftaten aus dem terroristischen Kernbereich, wie sie in § 129a Abs. 1 StGB aufgeführt sind (Straftaten gegen das Leben und die persönliche Freiheit: Mord, Totschlag, erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme), wenn diese Taten bestimmt und geeignet sind, den Bestand oder die Sicherheit eines Staates zu beeinträchtigen oder die Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen, außer Geltung zu setzen oder zu untergraben. Wir erfassen Täter, die solche Taten vorbereiten, aber mangels Bestehen oder Nachweisbarkeit einer terroristischen Vereinigung derzeit nicht nach §§ 129a oder 129b StGB bestraft werden können. Damit machen sich auch die (Einzel-)Täter strafbar, deren Handlungen nicht als Verbrechensverabredung dem geltenden § 30 Abs. 2 StGB unterfallen.
3. Rechtsstaatliche Grenzen
Strafrecht ist immer das letzte Mittel des Staates (ultima-ratio-Charakter). Deshalb können Vorbereitungshandlungen grundsätzlich nur ausnahmsweise strafbar sein. Um eine unverhältnismäßige Ausweitung der Vorfeldstrafbarkeit zu vermeiden, werden die strafbaren Vorbereitungshandlungen genau umschrieben. Daneben nimmt der Entwurf die notwendige rechtsstaatliche Begrenzung dadurch vor, dass alle unter § 89a Abs. 2 Nr. 1-4 StGB-E beschriebenen Tathandlungen den Vorsatz erfordern, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat vorzubereiten. Ohne diesen Vorsatz entfällt die Strafbarkeit.
4. Inhalt der Neuregelungen:
Im Einzelnen definiert der neue § 89a StGB-E abschließend folgende strafbare Vorbereitungshandlungen:
a) die Ausbildung und das Sich-Ausbilden-Lassen, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen
Beispiele:
- A erhält den Auftrag, in Deutschland einen Sprengstoffanschlag auf eine Bundeswehrkaserne und einen US-Luftwaffenstützpunkt zu verüben. Um die notwendigen Fertigkeiten zur Begehung dieser Tat zu erwerben, lässt A sich in einem islamistischen Ausbildungslager im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet im Umgang mit Schusswaffen und Sprengstoffen schulen.
- X, Mitglied einer rechtsextremistischen "Wehrsportgruppe", will einen Sprengstoffanschlag auf eine Synagoge verüben. Um die nötigen Kenntnisse zu erwerben, absolviert er im Auftrag seines Anführers einen Sprengmeisterkurs in einem Steinbruch.
- M will ein Passagierflugzeug kapern und in einen Büroturm steuern. Um den Anschlag vorzubereiten, nimmt er Unterricht im Führen von Passagierflugzeugen in einer Flugschule. Damit will er die notwendige Fertigkeit erwerben, um seinen Plan ins Werk zu setzen.
b) die Herstellung, das Sich-Verschaffen, Überlassen oder Verwahren von bestimmten Waffen, bestimmten Stoffen (z. B. Viren, Gifte, radioaktive Stoffe, (Flüssig-)Sprengstoffe) oder besonderen zur Ausführung der vorbereiteten Tat erforderlichen Vorrichtungen (z. B. Zündern) sowie
c) das Sich-Verschaffen oder Verwahren von wesentlichen Gegenständen oder "Grundstoffen", um diese Waffen, Stoffe oder Vorrichtungen herzustellen
Beispiel:
- Die im September 2007 im Sauerland festgenommenen Tatverdächtigen haben nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen unter anderem Anschläge auf US-amerikanische Einrichtungen geplant und sich zu diesem Zweck erhebliche Mengen Wasserstoffperoxid verschafft, um damit Bombenanschläge zu begehen.
- Auch im Falle der versuchten Bombenanschläge auf Regionalzüge in Dortmund und Koblenz im Sommer 2006 haben sich die Täter nach den Erkenntnissen aus dem Strafverfahren die für die Kofferbomben erforderlichen Gegenstände zur Vorbereitung der geplanten Taten beschafft und die Sprengsätze in ihren Wohnungen gebaut.
d) die Finanzierung eines Anschlags
Die neue Vorschrift erfasst auch das Sammeln, Entgegennehmen oder Zur-Verfügung-Stellen von nicht unerheblichen Vermögenswerten, um beispielsweise die zur Tat erforderlichen Sprengstoffe zu kaufen. Ebenso erfasst die Vorschrift auch das Sammeln vermeintlicher "Spenden" zur Vorbereitung eines Anschlags. Hierbei muss es sich stets um Vermögenswerte handeln, die - im Rahmen einer wertenden Gesamtschau - einen nicht unerheblichen Beitrag zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat leisten.
II. Aufnahme von Beziehungen zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 89b StGB (neu)
Nach dem neuen § 89b StGB-E soll mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden, wer in der Absicht, sich in der Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat unterweisen zu lassen (vgl. § 89a Abs. 2 Nr. 1 StGB-E), Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung aufnimmt oder unterhält. Erfahrungsgemäß geht dem Aufenthalt in terroristischen Ausbildungslagern die Vermittlung durch Personen voraus, die terroristischen Vereinigungen zugerechnet werden können. Die neue Vorschrift ermöglicht es, mit strafrechtlichen Mitteln gegen Personen vorzugehen, die sich beispielsweise in sogenannten terroristischen Ausbildungslagern die zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat erforderlichen Fertigkeiten aneignen wollen und zu diesem Zweck, Kontakt zu Mitgliedern oder Unterstützern einer terroristischen Vereinigung aufnehmen .
Beispiel:
A hat sich entschieden, ein Ausbildungslager im mittleren Osten aufzusuchen. Er möchte sich beibringen lassen, wie mit Waffen und Explosivstoffen umzugehen ist, um entsprechend seiner Überzeugung als Kämpfer am "Dschihad" teilzunehmen. Es geht ihm nicht darum, eine bestimmte terroristische Vereinigung zu unterstützen. Um in ein Ausbildungslager zu gelangen, kontaktiert A den B, von dem er weiß, dass dieser Al-Kaida finanziell unterstützt hat und bereits selbst in einem terroristischen Ausbildungslager gewesen ist. B fertigt ein Empfehlungsschreiben für A, der im Anschluss daran ins Ausland reist, um eine Ausbildung zu absolvieren.
Bereits im Zeitpunkt des Treffens mit B hätte A den Tatbestand des § 89b Abs. 1 StGB-E erfüllt.
III. Anleitung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat - § 91 StGB-E (neu)
a) Problem
Das Internet als weltweiter Kommunikationsraum hat als Propagandamedium für Terroristen in erheblichem Umfang an Bedeutung gewonnen. Auf vielen Internetseiten sind Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen, den Bau von Sprengvorrichtungen oder die Ausbildung in terroristischen Trainingslagern im Kontext beispielsweise mit islamistischer Hetzpropaganda zu finden. Solche Anleitungen stellen eine erhebliche Gefahr dar, da sie ohne wietere Zwischenschritte zur Vorbereitung von Gewalttaten verwendet werden können und nach den Erkenntnissen der Strafverfolgungsbehörden auch verwendet werden.
Trotz der von ihnen ausgehenden Gefahr solcher Anleitungen erfassen die bereits geltenden Strafvorschriften, die das Anleiten zu Straftaten ahnden (§§ 111, 130a StGB), diese bislang nicht hinreichend. Nach geltendem Recht muss entweder nachgewiesen werden, dass sich die verbreiteten Schriften auf eine konkrete Tat beziehen oder dass der Täter die Absicht verfolgt, bei einem anderen die Bereitschaft zur Begehung schwerer Straftaten zu wecken oder zu fördern.
b) Lösung
Diese Probleme der Praxis soll der neue § 91 StGB lösen. Die Vorschrift erfasst das Verbreiten oder das Anpreisen von terroristischen "Anleitungen" - beispielsweise im Internet - und bedroht diese Verhaltensweisen mit bis zu drei Jahren Haft, wenn die Umstände der Verbreitung der Anleitung geeignet sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.
Entscheidend ist, dass nicht mehr auf die Absicht des Täters abgestellt wird. Statt dessen soll es künftig ausreichen, dass die Umstände der Verbreitung der jeweiligen Anleitung (z. B. im Rahmen einer islamistischen oder auch rechtsextremistischen Webseite) objektiv geeig-net sind, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine Gewalttat mit einer staatsschutzrelevanten Zielsetzung zu begehen.
Beispiel:
A stellt auf einem dschihadistischen Internetforum, in dem zu Anschlägen aufgefordert wird, eine Bombenbauanleitung ein. Dies wäre in Zukunft strafbar, ohne dass er die konkrete Absicht haben muss, dass jemand sich dieser Anleitung bedient, um eine schwere staatsgefährdende Gewalttat zu begehen.
Ebenfalls bestraft werden soll, wer sich eine solche Anleitung (zum Beispiel durch Herunterladen aus dem Internet) verschafft, um eine solche Gewalttat zu begehen (§ 91 Abs. 1 Nr. 2 StGB (neu)).
Beispiel:
Zur Vorbereitung der versuchten Anschläge auf Regionalzüge in Koblenz und Dortmund haben sich die Täter nach dem Ergebnis der Ermittlungen aus dem Internet Bombenbauanleitungen heruntergeladen. Dies wäre in Zukunft strafbar.
Wer sich solches Material ohne Anschlagsvorsatz (z. B. aus jugendlicher Neugier) herunterlädt, wird nicht von dem Tatbestand erfasst. Ausgenommen von der Strafbarkeit sind auch solche Handlungen, die ausschließlich der Erfüllung rechtmäßiger beruflicher oder dienstlicher Pflichten oder der Forschung, Wissenschaft oder Lehre dienen. Straflos sind etwa Anleitungen in Chemiebaukästen, Lehrbüchern oder auch Patentschriften.
IV. Begleitregelungen
Ergänzt werden die neuen Tatbestände im Strafgesetzbuch durch Begleitregelungen.
1. Verfahrensrecht
So sollen die Strafverfolgungsbehörden zur Verfolgung von Straftaten nach den neuen Vorschriften auf die Ermittlungsmaßnahmen zurückgreifen können, die bereits nach geltendem Recht zur Verfügung stehen (z. B. die Durchsuchung, Beschlagnahme). Soweit es um die Vorbereitung schwerer staatsgefährdender Gewalttaten geht (§ 89a StGB-E) soll den Strafverfolgungsbehörden darüber hinaus auch die Möglichkeit der Wohnraumüberwachung und der Telefonüberwachung zur Verfügung stehen.
Für Strafverfahren wegen der neuen Tatbestände der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89a StGB-E) und der Aufnahme von Beziehungen zu einer terroristischen Vereinigung zur Begehung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat (§ 89b StGB-E) sind die Staatsschutzgerichte zuständig, was durch den Staatsschutzcharakter der Vorschriften und die Komplexität der zugrundeliegenden Sachverhalte begründet ist.
Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof hat die Möglichkeit, bei Straftaten nach § 89a und § 89b StGB-E die Strafverfolgung zu übernehmen, wenn es sich um einen Fall mit besonderer Bedeutung handelt (sog. Evokationsrecht).
2. Aufenthaltsrecht
Ergänzt werden auch aufenthaltsrechtliche Regelungen. Eingeführt wird ein neuer Re-gelausweisungstatbestand, der die bisherigen Regelausweisungstatbestände im Hinblick auf die Zielrichtung des neuen § 89a StGB-E ergänzt. So können bei Vorliegen von tatsächlichen Anhaltspunkten für die Vorbereitung von schweren staatsgefährdenden Gewalttaten regelmäßig aufenthaltsrechtliche Maßnahmen getroffen werden:
- Ausweisung mit der Folge, dass der Aufenthaltstitel nach § 51 Abs. 1 Nummer 4 des Aufenthaltsgesetzes erlischt, eine Abschiebung grundsätzlich möglich ist, und ein Aufenthalts- und Einreiseverbot (§ 11 Abs. 1 S. 1 des Aufenthaltsgesetzes) besteht,
- Zurückweisung an der Grenze (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 des Aufenthaltsgesetzes)
Ausländer, die im Ausland schwere staatsgefährdende Gewalttaten vorbereiten, sollen nach Möglichkeit bereits an der Einreise gehindert werden.
Quelle:
Überschrift KrimG. Text: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29. Januar 2009.
04.02.2009
Auf dem Weg zu mehr Gerechtigkeit bei der Verhängung von Geldstrafen
Beratungen im Bundestag
Der Deutsche Bundestag hat heute in 1. Lesung den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anhebung der Höchstgrenze eines Tagessatzes bei Geldstrafen beraten. Auf Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries soll das Gericht künftig einen Tagessatz in Höhe von max. 20.000 ¤ - statt wie bisher 5.000 ¤ - verhängen können. Damit wird sichergestellt, dass es auch in Zukunft kein Gerechtigkeitsdefizit im Bereich der Geldstrafen gibt.
Nach dem Tagessatzsystem wird die Zahl der Tagessätze mit der Höhe des einzelnen Tagessatzes multipliziert. Die Anzahl der Tagessätze spiegelt den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat wider. Das Gericht kann bei einer Einzeltat maximal 360 und bei mehreren Taten maximal 720 Tagessätze verhängen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich hingegen nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters. Ein Tagessatz entspricht daher in der Regel dem Nettoeinkommen, das dem Täter durchschnittlich an einem Tag zur Verfügung steht. Die Tagessatzhöhe liegt seit 1975 unverändert bei max. 5.000 ¤. Aus der vorgesehenen Vervierfachung der Tagessatzobergrenze ergibt sich, dass als höchste mögliche Geldstrafe zukünftig ein Betrag von 7,2 Millionen Euro bei einer Einzeltat und 14,4 Millionen Euro bei mehreren Taten verhängt werden kann; die bisherigen Höchstgrenzen liegen bei 1,8 bzw. 3,6 Millionen Euro.
Beispiele:
- Ein Spitzenmanager, der über ein Jahresnettoeinkommen von 6 Millionen Euro verfügt, hat Steuern in größerem Umfang hinterzogen. Der aufgrund des täglichen Nettoeinkommens des Täters zu bestimmende Tagessatz würde nach der Neuregelung auf 16.667 Euro (6 Millionen Euro ./. 360 Tage) festzusetzen sein. Hält das Gericht aufgrund der Gesamtumstände des konkreten Einzelfalls eine Geldstrafe von 300 Tagessätzen für tat- und schuldangemessen, müsste der Täter insgesamt eine Geldstrafe von 5 Millionen Euro zahlen.
- Hinterzieht derselbe Täter bei gleichbleibendem Jahreseinkommen in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils Steuern in größerem Umfang und legt das Gericht aufgrund der beiden rechtlich selbständigen Taten ("Tatmehrheit") die Gesamtgeldstrafe auf 450 Tagessätze fest, hätte er nach der Neuregelung insgesamt eine Geldstrafe von 7,5 Millionen Euro zu zahlen.
Nach der bisherigen Regelung wäre es in beiden Fällen lediglich möglich gewesen, den Tagessatz auf die Höchstgrenze von 5.000 Euro festzusetzen, so dass die Geldstrafe im ersten Fall 1,5 Millionen Euro und damit weniger als drei Monatseinkommen des Täters betragen hätte. Im zweiten Fall ("Tatmehrheit") wäre er zur Zahlung von 2,25 Millionen Euro verurteilt worden - weniger als fünf seiner Monatseinkommen.
Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts hat sich die Zahl der Personen, deren Einkommen deutlich über der geltenden Tagessatzhöchstgrenze von 5.000 Euro liegt, mehr als verachtfacht. So hatten 1974 lediglich 88 Steuerpflichtige Gesamtbruttoeinkünfte von 10 Millionen DM oder mehr, während der in etwa vergleichbare Eurobetrag von 5 Millionen Euro, der einem Tagesbruttoeinkommen von fast 14.000 Euro entspricht, im Jahr 2003 bereits von 719 Steuerpflichtigen erreicht oder überschritten wurde.
Quelle:
Überschrift KrimG. Text: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29.01.2009
04.02.2009
Die Zukunft der rechtlichen Regelung der Verständigung in Strafverfahren
Beratungen im Bundestag
Der Deutsche Bundestag hat am 29. Januar 2009 in 1. Lesung einen Gesetzentwurf der Fraktionen CDU/CSU und SPD beraten, mit dem die Voraussetzungen einer Verständigung im Strafverfahren geregelt werden. Der Entwurf entspricht inhaltlich dem Vorschlag von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, den das Bundeskabinett am 21. Januar 2009 beschlossen hat. Das Vorhaben enthält klare gesetzliche Vorgaben zu Verfahren, Inhalt und Folgen von Verständigungen und gewährleistet dadurch Rechtsicherheit, Transparenz und eine gleichmäßige Rechtsanwendung durch die gerichtliche Praxis.
Im Einzelnen:
1. Handlungsbedarf
Die Verständigung in Strafverfahren ist bislang gesetzlich nicht geregelt. Bei dieser Verfahrensweise versuchen das Gericht und die weiteren Verfahrensbeteiligten - vor allem Staatsanwaltschaft, Angeklagter und Verteidigung, aber auch der Nebenkläger - sich über den Verlauf des Verfahrens und über dessen Ausgang zu verständigen. Der Bundesgerichtshof hat solche Absprachen für grundsätzlich zulässig erklärt und vor dem Hintergrund der hohen Belastung der Justiz diese verfahrensökonomische Art der Erledigung als unerlässlich bezeichnet. Auch unter dem Gesichtspunkt des Zeugen- und Opferschutzes sind Verständigungen eine berechtigte Alternative auf dem Weg zu einem gerechten Urteil, wenn auf eine vor allem für das Opfer psychisch belastende Beweisaufnahme verzichtet werden kann. Voraussetzung für die Zulässigkeit von Absprachen ist jedoch, dass die grundlegenden Prinzipien des deutschen Strafprozesses und des materiellen Strafrechts eingehalten werden. Zustandekommen und Ergebnis einer Verständigung müssen sich am Grundsatz des fairen Verfahrens, der Pflicht des Gerichts zur umfassenden Ermittlung der Wahrheit sowie an einer gerechten und schuldangemessenen Strafe orientieren. In seiner Grundsatzentscheidung vom 3. März 2005 hat der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs wesentliche Leitlinien zur Zulässigkeit von Absprachen festgelegt, gleichzeitig jedoch betont, dass die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung erreicht sind.
2. Lösung
Künftig wird es in der Strafprozessordnung ein umfassendes und differenziertes rechtstaatliches Regelungskonzept zur Verständigung im Strafverfahren geben. Die neuen Vorschriften stellen der Praxis in weitem Umfang Vorgaben für Zustandekommen und Inhalt von Absprachen zur Verfügung, ohne den für Einzelfälle notwendigen Spielraum zu sehr einzuschränken. Dabei geht der Gesetzentwurf von den folgenden Grundsätzen aus:
- Die Grundsätze der Strafzumessung bleiben unberührt. Das Strafmaß muss sich weiterhin an der Schuld des Angeklagten orientieren.
- Unberührt bleiben auch die Grundsätze des Strafverfahrens. Es wird insbesondere kein "Konsensprinzip" geben. Eine Verständigung kann nie alleinige Grundlage des Urteils sein. Das Gericht bleibt weiterhin verpflichtet, den wahren Sachverhalt bis zu seiner Überzeugung zu ermitteln.
- Es muss ein größtmögliches Maß an Transparenz gewährleistet sein. Eine Verständigung kann nur in der öffentlichen Hauptverhandlung zustande kommen, Vorgänge außerhalb der Hauptverhandlung muss das Gericht öffentlich mitteilen. Verständigungen müssen stets umfassend protokolliert und im Urteil erwähnt werden.
- Es gibt keinerlei Beschränkungen der Rechtsmittel. Die Vereinbarung eines Rechtsmittelverzichts darf nicht Gegenstand einer Verständigung sein. Das Urteil bleibt auch nach einer Verständigung in vollem Umfang überprüfbar, der Angeklagte muss darüber eingehend belehrt werden.
Der Gesetzentwurf enthält einen vernünftigen und praxisgerechten Mittelweg zwischen einem teilweise geforderten Totalverbot von Absprachen einerseits und einem Konsensprinzip andererseits, welches das Gericht zu sehr aus seiner Verantwortung zur Ermittlung der Wahrheit entlassen würde. Die vorgeschlagene Lösung berücksichtigt insbesondere die Vorgaben der Rechtssprechung sowie eine Vielzahl von Anregungen aus Wissenschaft und Praxis. Insbesondere unterscheidet der Entwurf nicht zwischen verteidigtem und unverteidigtem Angeklagten und schließt auch Verfahren vor den Amtsgerichten nicht aus. Damit wird eine "2-Klassen-Justiz" vermieden und dem Umstand Rechnung getragen, das auch in amtsgerichtlichen Verfahren, wo vorwiegend Fälle der kleineren und mittleren Kriminalität behandelt werden, Verständigungen zum Alltag gehören.
3. Inhalt
Zentrale Vorschrift zur Regelung der Verständigung ist ein neuer § 257c StPO. Er enthält Vorgaben zum zulässigen Gegenstand, zum Zustandekommen und zu den Folgen einer Verständigung und legt fest, dass die Pflicht des Gerichts zu Aufklärung des Sachverhalts uneingeschränkt bestehen bleibt.
Gegenstand
Gegenstand einer Verständigung dürfen nur die Rechtsfolgen, also im Wesentlichen das Strafmaß und etwaige Auflagen wie zum Beispiel Bewährungsauflagen sein. Auch Maßnahmen zum Verfahrensverlauf sowie das Prozessverhalten der Beteiligten sind zulässig, wie etwa Einstellungsentscheidungen, die Zusage von Schadenswiedergutmachung durch den Angeklagten oder der Verzicht auf weitere Beweisanträge oder Beweiserhebungen, soweit dies mit der Sachaufklärungspflicht des Gerichts vereinbar ist. Ebenfalls soll ein Geständnis Gegenstand einer Verständigung sein. Das Gericht muss von der Richtigkeit des Geständnisses überzeugt sein, um seiner Aufklärungspflicht in vollem Umfang nachzukommen. Bei Zweifeln an der Richtigkeit muss es gegebenenfalls auf seine Zuverlässigkeit überprüft werden.
Ausdrücklich ausgeschlossen als Gegenstand einer Verständigung sind der Schuldspruch - also die Frage, ob und wenn ja, wegen welcher Strafnorm jemand verurteilt wird - und die Ankündigung des Angeklagten, auf Rechtsmittel zu verzichten. Ebensowenig können Maßregeln der Besserung und Sicherung wie beispielsweise die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus in eine Verständigung aufgenommen werden, weil hier das Gesetz dem Gericht keinen Entscheidungsspielraum belässt.
Zustandekommen
Eine Verständigung kommt zustande, indem das Gericht ihren möglichen Inhalt bekannt gibt und der Angeklagte sowie die Staatsanwaltschaft zustimmen. Das Gericht gibt dabei eine Ober- und Untergrenze der möglichen Strafe an. Dabei muss es die allgemeinen Strafzumessungserwägungen berücksichtigen und darf weder eine unangemessen niedrige noch eine unangemessen hohe Strafe vorschlagen. Die Initiative zu einer Verständigung ist aber nicht allein dem Gericht vorbehalten, entsprechende Anregungen können auch von den anderen Verfahrensbeteiligten ausgehen.
Nicht vorgesehen ist, dass auch der Nebenkläger zustimmen muss. Dies entspricht dem bereits geltenden Strafprozessrecht, nach dem der Nebenkläger das Urteil allein wegen der Rechtsfolgen nicht angreifen kann. Die Strafzumessung bzw. das Strafmaß sind aber gerade der wesentliche Gegenstand einer Verständigung. Dies schließt aber nicht aus, dass der Nebenkläger an Gesprächen und Erörterungen im Vorfeld von Verständigungen beteiligt ist und dabei seine Bedenken und Vorschläge äußert.
Transparenz
Eine Verständigung kann nur in öffentlicher Hauptverhandlung zustande kommen. Dies schließt nicht aus, dass außerhalb der Hauptverhandlung Gespräche geführt werden, durch die eine Verständigung vorbereitet wird. Nach dem Gesetzentwurf ist der Vorsitzende des Gerichts verpflichtet, darüber Transparenz herzustellen, indem er in öffentlicher Hauptverhandlung mitteilt, ob und ggf. mit welchem Inhalt solche Gespräche stattgefunden haben. Um die Geschehnisse bei einer Verständigung umfassend zu dokumentieren, muss das Gericht den wesentlichen Ablauf einschließlich etwaiger Vorgespräche außerhalb der Hauptverhandlung, den Inhalt und das Ergebnis einer Verständigung protokollieren. Damit wird vor allem sichergestellt, dass Absprachen im Revisionsverfahren vollständig überprüft werden können.
Folgen des Scheiterns
Eine besondere Vorschrift sieht der Entwurf für den Fall vor, dass sich das Gericht von einer Verständigung lösen will. Die Bindung des Gerichts entfällt, wenn das Gericht nachträglich zur Überzeugung kommt, dass die in Aussicht gestellte Strafe nicht tat- oder schuldangemessen ist, was den Fall einschließt, dass das Gericht eine unzutreffende Prognose bei der Bewertung des bisherigen Verhandlungsergebnisses abgegeben hat. Auch kann das Prozessverhalten des Angeklagten das Gericht veranlassen, sich von der Absprache zu lösen, wenn es nicht mehr dem Verhalten entspricht, welches das Gericht seiner Prognose zugrunde gelegt hat. Eine solche Regelung ist erforderlich, weil Ergebnis des Strafverfahrens immer ein richtiges und gerechtes Urteil sein muss. Entfällt die Bindung des Gerichts, darf ein Geständnis des Angeklagten, das er im Vertrauen auf den Bestand der Verständigung als seinen "Beitrag" abgegeben hat, nicht verwertet werden. Damit wird der Schutz des Angeklagten gestärkt und dem Grundsatz des fairen Verfahrens Rechnung getragen.
Rechtsmittel
Neben dem Verbot, die Ankündigung eines Rechtsmittelverzichts zum Gegenstand einer Verständigung zu machen, verzichtet der Gesetzentwurf aus zwei Gründen bewusst darauf, Rechtsmittel nach vorangegangener Verständigung einzuschränken oder auszuschließen. Zum einen soll eine vollständige Kontrolle durch das Berufungs- oder Revisionsgericht möglich sein. Damit soll sichergestellt werden, dass die Vorschriften gleichmäßig entsprechend der Vorgaben des Gesetzgebers angewandt werden. Zum anderen soll der Eindruck vermieden werden, das Urteil beruhe auf einem "Abkommen" der Beteiligten, an das sich alle zu halten haben. Ergebnis einer Verständigung ist vielmehr ein ganz normales Urteil, dessen Grundlage die volle Überzeugung des Gerichts von der Wahrheit ist und das auf einer vollständigen Aufklärung des Sachverhalts beruht. Dazu gehört, dass das Urteil wie jedes andere überprüfbar sein muss. Ein Rechtsmittelverzicht ist nur dann wirksam, wenn der Angeklagte ausdrücklich darüber belehrt worden ist, dass er trotz einer vorangegangenen Verständigung in seiner Entscheidung frei ist, gegen das Urteil Rechtsmittel einzulegen ("qualifizierte Belehrung"). Ist diese Belehrung unterblieben, kann der Angeklagte trotz erklärten Verzichts auf Rechtsmittel gegen das Urteil vorgehen.
Kommunikation
Ein weiterer, wichtiger Regelungskomplex (§§ 160b, 202a, 212 StPO-E) hat zum Gegenstand, die Kommunikation zwischen den Verfahrensbeteiligten zu stärken. Es sollen bereits im Ermittlungsverfahren, aber auch in allen weiteren Stadien des gerichtlichen Verfahrens sogenannte Erörterungen der verfahrensführenden Stellen (Staatsanwaltschaft bzw. Gericht) mit den Verfahrensbeteiligten gefördert werden. Bei solchen Erörterungen im gerichtlichen Verfahren kann auch die Möglichkeit einer Verständigung besprochen werden. Ziel ist es, dass die Beteiligten miteinander im Gespräch bleiben, wenn dies für den Verlauf des Verfahrens sinnvoll ist.
Das Gesetz bedarf nicht der Zustimmung des Bundesrates. Ziel ist es, das parlamentarische Verfahren noch in dieser Legislaturperiode abzuschließen.
Quelle:
Überschrift KrimG. Ansonsten: Pressemeldung des Bundesministeriums der Justiz vom 29.01.2009
03.02.2009
Strafvollzugsstatistik 2008
Demographische und kriminologische Merkmale der Strafgefangenen und Sicherungsverwahrten in deutschen Justizvollzugsanstalten am 31.3.2008
Zu Ende Januar ist die neue Ausgabe für 2008 der Fachserie 10, Reihe 4.1 Strafvollzug ist soeben erschienen. Die Veröffentlichung kann kostenlos aus dem Publikationsservice des Statistischen Bundesamtes heruntergeladen werden. Um die Fachserie 10 Reihe 4.1 2008 herunterzuladen, muss auf der verlinkten Seite zunächst die gewünschte Version (xls oder pdf) ausgewählt werden. Nach Bestätigung der allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. Copyrightbestimmungen kann die ausgewählte Version alternativ vom Kunden abgespeichert oder online eingesehen werden.
URL:
https://www-ec.destatis.de/...
02.02.2009
Französischer Jugendstrafvollzug zwischen 1930 und 1960
Das Beispiel der "Colonie Pénitentiaire" in Saint Hilaire
Die französische Gruppe Criminocorpurs hat jüngst eine Reminiszenz an die früheren französischen Besserungsanstalten für delinquente Jugendliche ins Netz gestellt. Es handelt sich um einen sog. virtuellen Rundgang, der digitalisierte Bilder aus der Einrichtung verwendet. Sie verschaffen trotz einer gewissen Patina einen guten Einblick in den Lebensalltag der "Kolonien". Sie sind, eben als fotografische Dokumente, auch für diejenigen an der Geschichte von Fürsorgeerziehung und Jugendstrafvollzug Interessierten eindrücklich, die ansonsten nicht des Französischen mächtig sind.
Der virtuelle Rundgang startet unter folgender URL: http://www.criminocorpus.cnrs.fr/expos/saint-hilaire/
Wer an Criminocorpus generell interessiert ist, findet die Homepage unter folgender URL: http://www.criminocorpus.cnrs.fr/